Das Spiel



The Mandate of Heaven
Letzte Änderung am 23.06.2000


Jaja, was waren das für Zeiten als das Rollenspiel-Genre noch jung war. Es entstanden die ersten zarten Versuche, das Medium Computer für komplexe Pen&Paper Regeln auszunutzen. Vorreiter des ganzen waren vor allem die AD&D Spiele von SSI, die Ultima- und Wizardry-Reihe, sowie ein kleines unscheinbares Produkt namens "Might&Magic".

Der einige Zeit später produzierte Nachfolger wurde überraschenderweise zu einem, für das Genre unüblichen, relativen Kassenschlager, der dem Programmierteam New World Computing scheinbar Mut zu einem noch viel größeren Projekt machte: Might&Magic 3 - Isles of Terrar. Dieses Spiel sprengte damals buchstäblich alle Rekorde in Sachen Grafik (vom Intro bis zur Spielgrafik - dies bot bis dato kein anderes Rollenspiel), Komplexität (es galt eine riesige Welt zu erforschen mit Hunderten von Gegenständen und Zaubersprüchen) und Handhabung (eine Mischung aus Rundenkampf&Echtzeit ließ weder Hektik, noch Langweile aufkommen - die perfekte Symbiose). Kein Wunder also, daß wenig später zwei weitere Teile folgten, die allesamt mehr oder weniger auf der Engine von M&M 3 aufbauten und die Serie um ein paar, für damalige Verhältnisse, fulminante Zwischensequenzen und sogar deutscher Sprachausgabe bereicherte. Ebenfalls eine Weltneuheit: wer sich beide Spiele kaufte, konnte diese kombinieren und fortan in der "World of Xeen" diverse Quests machen, die es in den beiden Solospielen so nicht gab.
Doch spätestens mit Might&Magic 5: Darkside of Xeen war die Grafik, die Spielumgebung und das Spielsystem vollends ausgereizt und ausgelutscht. Man kann sich die Situation in etwa so vorstellen, wie sie sich jetzt grade beim neuesten Teil 8 darstellt - nur noch beinharte Fans wollten das inzwischen veraltete System überhaupt noch anfassen. Von daher erstaunt es kaum, daß etliche Jahre ins Land gingen, bevor über einen Nachfolger überhaupt laut nachgedacht wurde...

Und Mitte '98 war es dann endlich soweit: Die seit damals arg gebeutelte Rollenspielergemeinschaft durfte sich nach SEHR langer Durststrecke endlich wieder mit einem waschechten CRPG vergnügen und dankte es New World Computing mit einem relativ guten Abverkauf (wen wunderts, daß man hier das schnelle Geld schnupperte und hurtig billige Nachfolger produzierte). Und nun liegt es an mir, den werten Lesern dieses Artikels näherzubringen, was es mit dem "Mandat des Himmels" auf sich hat und ob es sich überhaupt lohnt, seine Zeit in dieses Spiel zu investieren.

Die Vorgeschichte des Spiels ist bei einem Rollenspiel zwar immer etwas wichtiger als bei anderen Genres, aber das muß nicht unbedingt heißen, daß sie immer besonders originell sein muß. In diesem Fall geht es um das Land Enroth, welches vom weisen König Roland regiert wird. Doch eines Tages senken sich Schatten über das Land... Der Herrscher wird vermißt und eine neue Sekte genannt "Orden des Baar" hat sich ausgerechnet jetzt gebildet, um die Bevölkerung mit ihren schrecklichen Prophezeiungen in Angst und Schrecken zu versetzen.
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Und zu allem Überfluß sind die einzigen Personen, die in diesem Chaos noch die Zügel fest in der Hand haben könnten, mit Streitigkeiten untereinander verwickelt. Einzig das allwissende Orakel könnte jetzt noch Ordnung schaffen und Hilfe bringen, aber dieses wird von den Ratsmitgliedern unter Verschluß gehalten. Erst, wenn eine junge Gruppe von Abenteurern die Aufgaben des Rates erfüllt hat, wird man ihnen den Schlüssel überreichen, der die Tore zu den Hallen des Orakels öffnet...

Richtig geraten, diese Abenteuergruppe sind natürlich wir. Zu Beginn des Spiels darf man sich erst einmal mit der Charaktererschaffung herumschlagen. Hmmm, welche Klasse hätten wir denn gern? Ritter, Druide, Hexer, Paladin, Kleriker oder gar ein Bogenschütze? Jeder Beruf hat natürlich seine Vor- und Nachteile. Was dabei schon zu Anfang auffällt: Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen der Sparte RPG gibt es in Might&Magic 6 nur eine einzige Rasse: Die Menschen. Somit fällt einem die Auswahl auch nicht sooo schwer und man kann sich gleich auf einen zweiten wichtigen Punkt der Charaktererschaffung konzentrieren: Dem Verteilen der Eigenschaftspunkte und der Fähigkeiten der Figuren. Denn neben den altbekannten Werten wie Stärke und Intelligenz darf man sich auch spezielle Fähigkeiten auswählen. Dies wären dann solche Kampffertigkeiten wie der Umgang mit Schwertern oder Bögen, das Tragen von Schilden und Rüstungen, sowie die Unterteilung der Magie in verschiedene Spähren. Vor allem letzteres ist bei Might&Magic 6 von bedeutsamer Wichtigkeit, denn gegen Ende des Spiels bekämpft man die Gegner hauptsächlich mit starken Zaubersprüchen. Neben den vier Elementarformen Erde, Luft, Feuer und Wasser werden die Sprüche zudem noch in die Kategorien Spirituelle, Geistes- und Körpermagie unterteilt. Zudem erhält man im späteren Verlauf des Spiel noch besonders mächtige Spells der Licht- und Schattenabteilung. Als dritte große Sparte kommen dann noch Skills dazu, die man unter "Sonstiges" einordnen könnte. Dies wäre z. B. die Möglichkeit der eigenständigen Reparatur oder die Fähigkeit besonders gute Preise heraushandeln zu können.

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Die einzelnen Fähigkeiten in allen drei Sparten können auf zwei Arten aufgebessert werden. Die gängige Methode ist es, seine Charaktere eine Stufe hochzukämpfen und einige der dadurch erlangten Skillpoints nach Gutdünken zu verteilen. Die andere Möglichkeit ist, sich einen Lehrmeister zu suchen, der uns gegen Bares in seinen Künsten unterweist. Eine solches Training läßt uns in gewissen Dingen zum "Experten" oder gar zum "Meister" werden. Doch diese Lehrer sind teilweise sehr gut versteckt und wollen erst mal in der riesigen Welt von Enroth gefunden werden. Darüberhinaus findet man auch ab und zu eine Person, die Fähigkeiten für uns bereitstellt, die man zu Anfang noch gar nicht aussuchen konnte.

Nach der Erschaffung von vier edlen Streitern findet sich der Spieler in Neu Sorpigal wieder. Ein beherzter Klick auf unsere Figuren bringt uns dann gleich in die wichtigsten Menüs. Das wäre vor allem der Ausrüstungbildschirm. Links befindet sich das Inventar unseres Helden, rechts davon sein Ganzkörper-Abbild, welches man ganz im Stile von Diablo mit Rüstungen, Waffen und Accessoires bepacken kann. Besonders wichtig ist auch unser Notizblock. Hier werden alle Missionen aufgeführt, die man im Laufe des Spiels von den unzähligen NPCs bekommt. Ohne diese Funktion hätte der Spieler mit einer wahren Zettelwirtschaft zu kämpfen. Außerdem findet man hier natürlich noch unsere aktuellen Fähigkeitswerte, das Level der Helden, die Erfahrungspunkte und sonstige Zahlen für Statistikfreaks.

Und damit kommen wir auch schon zur immensen Vielfalt von Might&Magic 6. Schon kurz nach Start des Spiels ist man nämlich einer Fülle von Missionen, Waffen, Rüstungen, Zaubersprüchen und Monstern ausgesetzt. Durch die Städte laufen massenweise NPCs, die nur darauf warten, von uns angesprochen zu werden. Einmal in ein Gespräch verwickelt, öffnet sich ein kleines Kontextmenü, in dem sich 1-3 Stichwörter befinden. Diese darf man benutzen, um mit dem NPC zu kommunizieren. Oftmals bekommt man so kleine Informationen über das Spiel mitgeteilt, aber auch kleine Quests sind möglich. Vor allem aber findet man bei herumlaufenden Bürgern immer wieder ein paar Leute, die sich uns anschließen möchten. Neben den 4 Hauptfiguren ist es nämlich möglich mit noch 2 weiteren computergesteuerte Helden ins Abenteuer zu ziehen. Diese bringen dann ganz spezielle Fähigkeiten in die Gruppe, wollen aber auch einen Obolus für ihr Bemühen. Übrigens sollte man nicht auf die armen Bürger einschlagen, das könnte dem Ruf unserer Helden nämlich enorm schaden ;)

Der nächste Aspekt des Spiels ist die grafische Darstellung. Waren wie bereits erwähnt die älteren Might&Magic Teile für ihre gute Präsentation berühmt, so hinterläßt Teil 6 ein zwiespältiges Gefühl. Die Grafik ist wieder in der Ego Perspektive gehalten und besteht aus einer Mischung von dreidimensionalen Objekten und hineinkopierten Renderfiguren. Diese sehen bei näherer Betrachtung recht verpixelt und blaß aus, trotzdem weiß die Grafik einigermaßen zu gefallen, schließlich waren Rollenspieler nie besonders anspruchsvoll.

Gespielt wird mit einer Kombination zwischen Maus und Tastatur. Die einzelnen Funktionen des Spiels lassen sich bequem per Klick aktivieren. Might&Magic 6 läuft übrigens anders als seine Vorgänger komplett in Echtzeit ab. Wird einem der Kampf dennoch zu hektisch, kann man mittels Returntaste zu einem Rundenmodus schalten, der dann ein Kampfsystem mit sich bringt, welches man schon aus M&M 3 Tagen gut kennt.

Wie bereits angedeutet ist die Welt Enroth riesig. Sie besteht aus etlichen Stätten und Inseln, die teilweise nur per Schiff oder nützlichen Teleportzauber zu erreichen sind. Darüberhinaus findet man natürlich etliche, teilweise sogar sehr schön gestaltete Dungeons, die als Brutstätte für wahre Monsterhorden dienen. Apropos Monster: Bei sovielen verschiedenen Gattungen ist es natürlich klar, daß wieder ein altes Manko auftritt, welches man schon aus Urvater Bards Tale kennt: da wird man zwar vom Namen her von zig unterschiedlichen Monstern angegriffen, aber schaut man sich die dazugehörige Grafik an, bekommt man es teilweise nur mit verschieden farbigen Kontrahenten zu tun, deren Stärke halt ein wenig korrigiert wurde.

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Mandate of Heaven bietet wie alle Teile der Serie ein riesiges Aufgebot an Missionen und Kämpfen. Daraus entspringen natürlich auch unglaublich viele Erfahrungspunkte und Geldmengen, die man hauptsächlich in das Training seiner Recken und neue Ausrüstung investiert. Damit zeigt sich aber auch, daß sich Teil 6 der Serie nur äußerlich verändert hat - im Kern handelt es sich immer noch um ein waschechtes Hack&Slay ohne großartige Storyline. Es gibt eigentlich nur zwei Hauptziele: zum einen die Aufgaben der einzelnen Ratsmitglieder erfüllen, um dann im Endeffekt endlich das allwissende Orakel in Anspruch nehmen zu dürfen und zum anderen mit dessen Hilfe dann die Dämonenkönigin zu besiegen. Doch bis dahin ist es ein langer und weiter Weg mit etlichen Kämpfen.

Das Spiel besitzt übrigens keinerlei Multiplayerfähigkeiten, unterstützt keine 3D Grafikkarten, aber läuft dafür schon auf einem Minimalsystem angenehm flott. Dafür ist der Schwierigkeitsgrad ziemlich hoch angesetzt, weshalb das Mandat des Himmels nur bereits erfahrenen Spielern anzuraten ist.

Text von ATG

Meinung und Bewertung
Meinung von
Tester: ATG
Meinung: gut
Die ersten Stunden mit Might&Magic 6 ließen echte Erinnerungen aufkommen. Endlich, nach langer Zeit gab es mal wieder ein Spiel, das an alte Rollenspiel Tugenden erinnerte. Grenzenlose Freiheit in einer riesigen Welt voller Abenteuer, Monster und Mysterien. Dabei hatten es mir vor allem das Fähigkeitssystem und die vielen vielen Zaubersprüche angetan, die nicht nur eine Anhäufung von verschieden starken Kampfspells darstellen, sondern auch teilweise wirklich nützliche (Stadtportal) und witzige (Fliegen) Sachen zu bieten haben.

Auch das Kampfsystem ist in meinen Augen mehr als gelungen. Ist man stark genug um die Monstereihen niederzumähen, läuft man in Echtzeit durch die Botanik. Wird einem mal ein Gegner zu stark, schaltet man halt in den Rundenmodus um taktisch vorzugehen. Alles in allem kann man sagen: ca. Dreiviertel des Spiels ist man Feuer und Flamme, doch irgendwann geht einem das ganze Monstermetzeln tierisch auf die Nerven. Schließlich handelt es sich hierbei wirklich fast immer nur darum, einen 08/15 Auftrag anzunehmen, Monster zu töten, einen Gegenstand zu finden (oder ähnliches) und dann dafür einen Haufen Geld und EXPs zu bekommen. Von Abwechslung fehlt fast jede Spur. Einzig die Aufgaben der Ratsmitglieder sind nicht nur auf pures Leveln ausgelegt, sondern treiben die Story ein wenig voran - aber auch das nur minimal.

Dann vielleicht noch ein Wort zur Grafik: Diese ist wie bereits erwähnt nicht der Weisheit letzter Schluß, aber um ehrlich zu sein: Ich erwarte keine gerundeten Dungeons und feinste Texturen a la Quake 3-Arena. Für meine Ansprüche war die Grafik in Ordnung und teilweise (diverse Zaubersprüche) sogar recht gut. Trotzdem kann ich gut verstehen, wenn sich die meisten Spieler bei Teil 8 verarscht vorkommen - das ging mir seinerzeit mit Might&Magic 5 fast genauso.

Fazit: Ein Rollenspiel für viele Stunden, auch wenn man davon ausgehen muß, daß man es aufgrund plötzlicher Motivationseinbrüche nicht zum bitteren Ende führt.
Wertung: 78%

Hardware Labor

Genre: Rollenspiel
Erschienen: 07/98
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K6-233 / 80MB
mit Voodoo 1
: Spielbar
Cel 300 / 128MB
mit Voodoo 2
: Spielbar
Cel 366 / 128MB
mit Riva TNT
: Spielbar
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Hersteller
Schwierigkeitsgrad
Multiplayer
Sprache
:
:
:
:
3DO / New World Computing
Schwer
-
deutsch
 

Copyrights 1999