Das Spiel



Letzte Änderung am 01.06.2004
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Viel Kritik erntete Bioware aus Spielerkreisen für die recht zusammengeschusterte Hauptkampagne der Vollversion: langweilende Textwüsten, eine schwache Atmosphäre und das an Action-Rollenspiele orientierte Hack&Slay Spielprinzip stand für Fans der Baldur's Gate Reihe im krassen Gegensatz zu den bisherigen Bioware-Rollenspielen. Rund ein Jahr später präsentierten die Väter der Aurora-Engine das erste Add-On "Der Schatten von Undernzit". Ob und was sich verbessert hat, erfahren Sie in diesem Test.
In "Der Schatten von Undernzit" erleben Sie ein Deja Vu: abermals verkörpert der Spieler einen Abenteurer-Lehrling, der sich unter der weisen Führung der Zwergen-Lehrmeisters "Drogan" zu einem stattlichen Helden-Anwärter gemausert hat. Die Abschlussprüfung steht an, doch zu diesem persönlichen Großereignis kommt es erst gar nicht; schon gleich zu Beginn des Add Ons fällt ein Rudel Kobolde über Drogan her, vergiftet diesen und macht sich zu allem Überfluss mit vier magischen Artefakten aus dem Staub, die der Zwerg eigentlich im Auftrag der Geheimorganisation "Harfner" strengstens hüten sollte. Nun kommen Sie ins Spiel: da keiner sich der anderen Helden-Azubis für ausreichend gewappnet erachtet, die vier (ja, diese Zahl kennt NWN-Spieler ebenfalls) Artefakte wieder ins traute Heim zurückzubringen, übernehmen Sie zähneknirschend diese Aufgabe. Immerhin müssen Sie sich nicht alleine in dass Abenteuer wagen, denn einer von zwei NPCs (später werden es drei) aus dem Lehrlings-Repertoire kann als Henchman, also als automatisch agierender Gehilfe, engagiert werden.

Von allem etwas weniger ...

Rein technisch gibt es keinen Unterschied zum Hauptprogramm: die Grafik bewegt sich immer noch auf gleichem Niveau (eckige Figuren, tolle Lichteffekte), die Menü-Steuerung funktioniert nach dem bewährten Radial-Schema und der Sound dröhnt wie eh und je mit EAX und 5.1 Unterstützung aus den Lautersprecher-Boxen - was übrigens auch für die noch immer unpassende Sprachausgabe gilt. Was allerdings schon sehr schnell klar wird ist, dass die Anzahl der Dialoge und Textpassagen gestrafft wurde - und zwar im positiven Sinne. Die Gespräche lesen sich insgesamt etwas flotter und die Neben-Quests machen einen interessanteren Eindruck. Auch die Anzahl der NPCs mit echten Dialogen wurde auf ein Minimum reduziert, was in Anbetracht der Tatsache, dass NWN ohnehin ein sehr lineares Spiel ist, kein falscher Schritt ist.

Viel wichtiger ist aber die Abschwächung zweier Kritikpunkt, die ich bereits in meinem Neverwinter Nights-Test zur Sprache brachte: das Hack&Slay Prinzip, das den Spieler dazu verdonnerte, Horden von Standard-Gegner niederzustrecken und die unsägliche Kisten-Orgie, die einen viel zu großen Zeit-Anteil in der Vollversion einnahm. In beiden Fällen wurde deutlich sparsamer verteilt, denn Kisten und Fässer gibt es jetzt nur noch sporadisch (und die, die verstreut wurden, sind selten verschlossen oder mit Fallen versehen) und in Sachen Kampf herrscht nun nicht mehr eine ganz so starke Monster-Inflation. Davon unberührt zeigt sich jedoch die taktische Tiefe der Gefechte: auch im Add On ist diese aufgrund der fehlenden Gruppe quasi nicht vorhanden.

Screenshot von gomez_atg


Screenshot von gomez_atg
Screenshot von gomez_atg


Screenshot von gomez_atg
Fakten Fakten Fakten

"Der Schatten von Undernzit" erweitert Neverwinter Nights um zahlreiche neue Zaubersprüche, Fähigkeiten, Monster und fünf neuen Klassen (Arkaner Bogenschütze, Assassine, Finsterer Streiter, Harfner-Kundschafter, Schattentänzer), die unter D&D als so genannte "Prestigeklassen" geführt werden. Darüber hinaus dürfen Sie sich erstmals in einer Winterlandschaft ("Die Silbermarken") und einer Wüstengegend ("Die Anauroch") Ihren Gegnern stellen - beide Grafik-Sets finden sich selbstverständlich auch im mächtigen Editor wieder. Passionierte Dungeon Master erhalten mit der Erweiterung ohnehin eine Reihe neuer Möglichkeiten zur Level- und Scriptgestaltung, die dazu geführt hat, dass das "Undernzit"-Add On für die meisten Multiplayer-Partien zur Standard-Ausstattung gehört.

Mehr in die Kategorie "hätten auch per Patch gelöst werden können" fallen die Details-Verbesserungen des Games. So hat der Spieler nun endlich manuellen Zugriff auf die Ausrüstung des Henchmans und auf den Boden geworfene Waffen und Bekleidungsteile machen sich durch einen gelben Schriftzug bemerkbar. Das beliebte Teleportieren aus brenzligen Situationen mit anschließender Heilung gibt es jetzt nur noch im ersten Drittel des Spiels - und selbst da nur unter der Benutzung von rar gesäten Teleporter-Kristallen. Die Kämpfe werden dadurch ein wenig fordernder, sind aber insgesamt auch aufgrund des einstellbaren Schwierigkeitsgrades kein Ding des Unmöglichen.

"Der Schatten von Undernzit" beschert Ihnen rund 25 Stunden Spielvergnügen und liegt damit knapp unter der Hälfte der Spielzeit des Hauptprogramms - was für ein Add-On durchaus ansehnlich ist. Der daraus resultierende Charakterlevel beträgt 13 oder 14 auf normalen Schwierigkeitsgrad; die Spielfigur kann in das nächste Add-On "Horden des Unterreichs" direkt importiert werden und spielt dort die Geschichte aus Undernzit weiter.

Noch ein Hinweis zum Schluss: "Der Schatten von Undernzit" ist derzeit für rund 10 Euro zu haben - inklusive einer recht ausführlichen Anleitung. Gleiches gilt für das Hauptprogramm, das derzeit in der Original-Box für unter 15 Euro "verramscht" wird. Hier gilt es zuzuschlagen, denn die aktuelle Gold-Version (enthält NWN und das erste Add-On) kostet ungefähr genauso viel wie beide Programme zusammen, enthält aber keine gedruckte Anleitung und glänzt auch sonst nicht durch seinen Packungs-Inhalt.

Text von ATG

Meinung und Bewertung
Tester: ATG
Meinung: Sehr gut
Das erste offizielle Neverwinter Nights Add-On macht alles richtig - soweit das im Rahmen des Hauptprogramms möglich ist. Mit interessanterer Story und gestrafften Dialogen bringt die Suche nach Undernzit deutlich mehr Spaß als die Bekämpfung von Seuchen, verschworener Sekten und selbsternannten Halbgöttern aus dem Hauptprogramm. Geradezu dankbar bin ich den Level-Designern, dass die Verteilung der Kisten/Truhen und die Anzahl der Gefechte auf ein gesundes Maß zurückgegangen ist - das sorgt für ein deutlich kurzweiligeres Spiel. Leider kann "Der Schatten von Undernzit" dieses Niveau nicht auf Dauer halten und so kommt es, dass das Spiel gegen Ende wieder auf alte Untugenden zurückgreift, die die Motivationskurve abflachen lassen. Die ersten zwei Drittel sind allerdings gute Unterhaltung.

Was das Add-On trotz aller Mühe nicht schafft ist der Anschluss an Altmeister Baldur's Gate. Die Editoren-Spielwelt ist allgegenwärtig, was sich insbesondere in der Außenarealen wie der Wüstengegend bemerkbar macht, in denen die Sandlandschaft dann einfach mit einem schwarzen Rand "aufhört" - das schafft keine Atmosphäre. Taktische Ansprüche erfüllt das Spiel aufgrund der fehlenden Gruppe leider auch nicht und selbst technisch sieht es nicht mehr ganz so rosig aus wie noch zu Zeiten des Neverwinter Nights Releases: die Lichteffekte sind zwar noch immer einzigartig im Genre, aber Spielfiguren und diverse Monster auf Polygon-Entzug lassen Aurora im Vergleich zu den Grafik-Boliden "Dungeon Siege" und "Morrowind" gerade noch so mit einem blauen Auge davonkommen.

Die meisten dieser Kritikpunkte sind jedoch Altlasten, die das Add On durch das Neverwinter Nights Grundgerüst mit sich führt. Für sich allein genommen kann "Undernzit" nicht zuletzt aufgrund der vielen witzigen Dialoge (unbedingt den Kobold-Barden mitnehmen!) und Situationen durchaus überzeugen und so ist die Erweiterung jedem ans Herz zu legen, der sich für Hauptprogramm schon immer eine ansprechende Solo-Kampagne gewünscht hat. Für eine deutliche Verbesserung in der Gesamtnote reicht das zwar nicht, doch lässt es sich nun mit der vergebenen Wertung deutlich besser leben. Ob Bioware es allerdings schafft, auf die NWN-Serie qualitativ noch einen draufsetzen kann, wird sich mit den "Horden des Unterreichs", dem nächsten offiziellen Add On, zeigen.
Wertung: 81 %

Hardware Labor

Genre: Rollenspiel
Erschienen: 08/2003
     
Athlon XP 2200+,
1024 MB, GF 5 5900XT
Spielbar
Athlon XP 2000+,
640 MB, GF 4 4200TI
Spielbar
Athlon XP 2000+,
512 MB, GF 2 GI
Noch spielbar
   
Hersteller
Schwierigkeitsgrad
Multiplayer
Sprache
:
:
:
:
Bioware
Variabel
Netzwerk, Internet
englisch
 

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